Jugendliche und
Jugendkulturen im öffentlichen Raum der Stadt Linz – Ergebnisse aus einem
internationalen Lehrforschungsprojekt
Die folgenden Cliquenraster sind im Rahmen einer
International University Week „Social Work and the Arts“ des Socrates
University Network of European Schools of Social Work im April 2009 entstanden. An der Erstellung der Studie
haben 19 Studierende aus 6 europäischen Hochschulen (HS Bremen, FH Jena, FH
Emden, FH Linz, Hanzehogeschool Groningen, TU Gabrovo) mitgewirkt. Die Autoren
dieses Berichts haben das Projekt als Lehrende begleitet. Die Studie basiert
auf Straßenumfragen und Beobachtungen von Jugendkulturen und Cliquen in Linz
und wurde im öffentlichen Raum der Stadt durchgeführt.
Dieser
Clquenraster dokumentieren die Ergebnisse der
Arbeitsgruppen und Teilprojekte über Jugendkulturen in Linz.
Über unseren forschenden Zugang konnten wir
einen interessanten Einblick in das Alltagsleben junger Menschen in
Linz
gewinnen und dabei die kulturelle Vielfalt der jungen BewohnerInnen der
Kulturhauptstadt Europas 2009 erhalten. Sicherlich gibt diese Studie
nur ein
erstes Schlaglicht auf die lokale Situation, das durch weitere Studien
zu einem
umfassenderen Bild vertieft werden könnte. Dennoch gibt auch die
kurze Studie
bereits ein facettenreiches Bild über die lokale Vielfalt
jugendlicher Lebensformen.
Als Lehrprojekt bot das Projekt einen exemplarischen Einstieg in die
Möglichkeiten einer praxisnahen Forschung und Konzeptentwicklung.
Dieser Zugang
könnte auch für die Praxis der Jugendarbeit sehr interessant
und hilfreich
sein, um professionelle Kompetenzen weiterzuentwickeln. In der oben
genannten Printpublikation ist die gesamte Studie und die
Interpretation der Ergebnisse veröffentlicht.
Die Anwendung der Cliquenraster führte in den einzelnen Arbeitsgruppen
zu den im Folgenden dargestellten Ergebnissen.
1. In der Umgebung des Kunstmuseum
„Lentos“ (An einem Donnerstagnachmittag, 24. April 2009)
Erhoben von Stefanie
Will und Theresa Hilse, FH Jena
Name |
Kleidung |
Verhalten |
Musik |
Weltanschauung |
Treffpunkte |
Bobos (Bohemian Bourgoises) |
-
„Pali Schal“ (Palästinenser
Tuch); -
Exotischer Schal |
- welterfahren - Oberschicht - reiche Eltern - Weltreisen |
|
|
- Donau |
Krocha (Kracher) |
- Ed Hardy Style - vielfarbige Baseballcaps - enge, bunte Hosen - besonderer Haarschnitt (Vokuhila=vorne kurz, hinten
lang) |
- gebrochenes deutsch - laut - aggressiv; - arrogant; - betteln; - bemüht, cool zu sein |
- Techno - Elektro, - „Jumpstyle” |
|
- Passage - Coffee shop - Disco - Donau |
Metaller (Selbstzuschreibungen) |
- schwarz - Band Shirts - lange Haare |
|
- Heavy Metal |
- unpolitisch - Unterscheidung zwischen: religiös/nicht religiös rassistisch/anti- rassistisch |
- Bars - historische Altstadt |
„Asseln“ / „Zecken“ (Selbstzuschreibungen) |
- entspannt - bunt - „asozial” |
|
- unkommerzielle Bands, - Bands wie: „Goethes Erben”, „Blutengel”, “Eisbrecher” à industrial gothics |
-
antirassistisch -
offen für neues - generelles politisches Interesse |
-
Sommer: Lände -
Winter: Bahnhof |
Punks (Fremdzuschreibungen) |
- bunt; bunte Haare; - viele (Metall)Nieten |
- laut - harmlos |
- Punk rock |
- Anarchie |
- Taubenmarkt - Lände |
“Proleten”
(Proletarier) |
- getunte Autos - gestylte Haare; - große Gürtel |
- aggressiv |
- Mainstream - Techno |
- politische Rechte |
- Empire Disco - historische Altstadt |
Emos |
- schwarze Haare - Make-up wie „Tokio Hotel” |
- “Followers”, nur in Gruppen, nicht offen für andere
Gruppen |
- „Placebo” - „Bullet for Valentine” - „Silverchair” |
- kein politisches Interesse |
- Taubenmarkt |
2. Eine Gruppe 13-15 jähriger Mädchen
in der Nähe eines Skateparks (An einem Donnerstagnachmittag, 24. April 2009)
Erhoben von Anne-Katrin
Kachold und Marie Günther, FH Jena
Name |
Kleidung |
Verhalten |
Musik |
Weltanschauung |
Treffpunkte |
Emos (Mädchen und Jungen zwischen 13 und über 20) |
- Schwarze Haare, ins Gesicht gekämmt - schwarzer Eyeliner - toupierte Haare - “Hello Kitty” Drucke - Kirschen, Erdbeeren - jugendlich |
- hassen sich selbst - depressiv - still - autoaggressiv |
- Hardrock - Middleagerock |
|
- Donaulände |
Punks |
- bunte Haare - Piercings -„Irokesen”-Haarkamm - rasierte Haare |
- „Sie haben Ratten auf der Schulter“ |
- harte Musik und harte Musikvideos |
|
- Lände |
Krocha (mehr Jungen, Zwischen 14 und 16, Sehen alter aus als sie sind) |
- Ed-Hardy Style - “Lacoste” - Neonfarben - Pinke Shirts - „Vokuhila” (längster „Vokuhila” = höchster Status) - Lederjacken |
- manieristisch: „Sie sind wie Schwule” |
- Dance „Jumpsyle” - Hard Style Techno - Schranz - Scooter |
|
- Disko
Millenium - Altstadt
-
Solarcity |
Nazis |
- Glatzköpfe - „Bomberjacken” - Armeehosen |
- manche sind Hooligans - aggressiv |
|
|
- Altstadt |
“Lasker”/LASK
Fans (Fans des Linzer Fussballklubs LASK, zwischen 16 und
30) |
|
- Fussballfans - Hooligans - schlagen sich - Aufnahmeriten |
|
|
- Altstadt |
Autofreaks
(vornehmlich Jungs, 18 +) |
|
- Tuning - laute Musik aus Autoboxen - Honda vs. VW |
- Techno |
|
|
Gangsters (Jungen / Mädchen, häufig Migranten) |
- Weite Kleidung - Base Caps - Goldketten |
- Hip Hop |
- Hip Hop |
|
- Auwiesen - Neue Heimat |
3. Schillerpark und Volksgarten (An
einem Donnerstagnachmittag, 24. April 2009)
Erhoben von N.N. und Jana Sämann, HS Bremen
Name |
Kleidung |
Musik |
Verhalten |
Politisches Interesse |
Treffpunkte |
Kein Name (2
Mädchen, 18 Jahre) |
-
normal |
-
Rock -
Reggae |
-
lebensfroh |
-
informiert aber nicht festgelegt |
-
Landstraße |
Normal/individuell/
„Wir gehören niemandem“ (3 Jungen, 2 Mädchen, |
- was wir woollen - individuell |
- Reggae - Metal - Techno - Indie - Rock - Elektro - Ska |
- optimistisch |
- interessiert an linker Politik |
- Donau |
„Unsere
Gruppenidentität wechselt oft” (3 Mädchen, 16 Jahre) |
- im Moment Skaterstyle - Was wir wollen |
- Punk - Punk Rock - Indie |
- tiefgründig - kindisch |
- interessiert an linker Politik |
- Schule - McDonald’s |
„Individuell” (2 Mädchen 16 Jahre, |
- H&M - Skater style |
- Rock - Indie - Reggae |
- lachen viel |
- informiert, eher links |
- Partys |
„In der
Schule sind wir Künstler” (2 Mädchen, 14 und 15 Jahre) |
- vielfarbig |
- Hip Hop - Mixed - Alternative |
- haben immer Spaß |
- gering |
- Schule - Landstraße - Parks |
Kein Name (1 Mädchen, 17 Jahre, |
- abhängig von der aktuellen Mode |
- Hip Hop |
- meistens gut gelaunt |
- hängt vom Thema ab |
- Landstraße - Park |
Name |
Kleidung |
Musik |
Verhalten |
Politische
Ansichten |
Treffpunkte |
Botschaft
an die Gesellschaft |
Kein Name |
- alles |
- Reggae - Ska - Pop |
- Neues ausprobieren - sich selbst in Musik ausdrücken |
- gegen Rassismus |
- Hauptplatz - „in der Stadt” |
- Musik, um zu tanzen und die Gesellschaft zu
kritisieren |
Gothics |
- schwarz - victorianisch |
- Punk |
- schwarzer Humor - Ironie - Rollenspiele |
- Nimm`s leicht |
- Lentos |
- Existentialismus |
Name |
Kleidung |
Musik
|
Verhalten |
Politische
Ansichten |
Treffpunkte |
Sie rechnet sich keiner bestimmten Jugendkultur
zu. (weiblich,
21 Jahre) |
-
alternativ |
- Sie mag
Musik, die ihr keine „physischen oder psychischen Schmerzen“ verursacht und
zieht diese vor. |
- Sie mag an Jugendkulturen, dass man anders, aber
akzeptiert ist. Keiner lacht sie aus, weil sie sie selbst ist. Sie wird als
Mensch akzeptiert. |
- “Alle
Politiker sind Verbrecher”. - Es sollte
keine Parteien geben. - Ihr größter
Wunsch für die Zukunft wäre, dass mehr für Kinder und ihre mentale und
psychische Gesundheit getan wird. Politiker sollten sich mehr um Kinder und
deren Wohl kümmern. |
- Es gibt
keine speziellen Orte, an denen sie andere trifft. - Sie liebt
es draußen die Natur zu genießen. - Sie hängt
gern im „Coretto“ rum (befindet sich in der
„Altstadt”), ein berühmtes Cafe, wo man auch Leute aus der Drogenszene
trifft. |
Er rechnet sich keiner bestimmten Jugendkultur
zu. Als er jünger
war faszinierten ihn die Punks und er
trug einen Mohawk (Haarschnitt der Punks). (männlich,
34 Jahre) |
-
lässig |
- Musik hören
ist abhängig von seiner Laune. Er liebt klassische Musik, aber auch Rock und
Pop. |
- Früher
mochte er an seiner Jugendkultur, gegen vorherrschende Meinungen und
Argumente zu sein. |
-
“grün” |
- Der Ort,
den er nannte war auch das „Coretto“. |
Anmerkung: Als wir die Aufgabe bekamen eine Sozialraumanalyse in „Donau Lände”/Linz mit Jugendlichen durchzuführen, die Jugendkulturen leben (oder kennen), hatten wir vor, mehr als zwei junge Leute zu befragen. Aber als wir diese beiden Leute trafen mussten wir unsere Pläne ändern, weil es einen großen Bedarf gab, gehört zu werden. Wir konnten sie nicht befragen und direkt danach weitergehen. Wir leisteten ihnen Gesellschaft und hörten den Gedanken zu, die sie uns mitteilten. Besonders das 21 Jahre alte Mädchen brauchte jemanden zum reden. Wir fragten sie, ob es Sozialarbeiter gäbe, die sie kennen würden (z.B. Streetworker, Sozialarbeiter im „Coretto“) aber sie verneinten.
Name |
Kleidung |
Verhalten |
Musik |
Politische Ansichten |
Treffpunkte |
Botschaft an die Gesellschaft |
Blumenkind, „Aktion Kritische Schüler“ (Alter
16) |
- bunt, - Hippie-style - alternativ - Sneakers |
- feministisch - kritisch - veränderbar |
- Dubstep (Benga) - Electro - Jazz - Classic |
- links |
- Garten - draußen |
- Werde/bleibe/sei kritisch |
Emo (Alter
14) |
-
schwarz -
Skaterschuhe -
Alice Band |
-
depressiv -
wechselhafte Launen |
-
Gary Jules -
Pop -
Rock |
-
keine Angaben |
-
Zu Hause -
Marktplatz |
- „Don’t worry, be happy – oder versuch es einfach!” |
Neutral (Alter
14) |
-
braun -
schwarz |
- lustig - fröhlich - wird schnell verrückt |
-
Pop, -
Rock |
-
soziale Ader |
-
zu Hause |
-
keine Angabe |
Individuell (Alter
15) |
-
Basketballschuhe -
Cap -
Baggypants (weite Hosen) |
-
„nuttig“ -
aufgekratzt |
-
American Hip Hop |
- „gegen Frau Schmied” |
- Hauptplatz - „Lände” |
- Kinder findet euren EIGENEN Style! |
Nichts
besonderes (Alter 15) |
- Shirt - Anzug - Shorts - schwarz |
- lustig - manchmal extrovertiert - manchmal introvertiert |
- House |
- kein Gefühl der Zugehörigkeit |
- Sportplatz - Altstadt - Stadion |
- keine Angabe |